Kurz vor meiner fünften Thailand-Reise entschied ich mich dazu, ein Buch über mein Lieblingsland zu schreiben. Im Selbstverlag. Das heißt, ohne Experten an der Hand. In diesem Text spreche ich über meine Erfahrungen in puncto Buch, über nächtliche Panikattacken und die Last der Eigenvermarktung – und warum dieser Prozess trotzdem eine der schönsten Etappen meines Lebens war. Für alle, die gerade ein wenig Mut brauchen.
Ich klicke beim Newsletter auf Senden, drücke „Posten“ auf Facebook, spreche eine Instagram-Story ein. Es ist die allererste, in der ich mich zeige. Was mir normalerweise Herzrhythmusstörungen beschert hätte, macht sich nur als dumpfes, flaues Gefühl in der Magengegend bemerkbar. Mehr nicht.
Weil ich nicht mehr denke, sondern mache.
Denn nachgedacht habe ich zu viel. Nächtelang, wochenlang.
„Ist mein Buch gut genug? Ist das, was ich tue, gut genug? Kann ich das überhaupt? Wer bin ich, dass ich mich hinstelle und sage: Ich schreibe ein Buch!“
Buch schreiben Erfahrungen
Über 6 Monate habe ich geschrieben, fast jeden Tag, fast den ganzen Tag. Habe Passagen überarbeitet, dann Sätze, irgendwann nur noch Wörter. Ein Absatz nach oben, löschen, wieder rein.
Es war ein Gefühl, als würde ich meine Seele in das Buch gießen, mein Herz. Mich. Jeder Satz ein Gefühl. Jeder Satz ein riesen Batzen Arbeit. Als versuchte ich, etwas Riesengroßes durch eine kleine Öffnung zu pressen.
Im Nachhinein kann ich das nur noch schwer nachvollziehen. Ich erinnere mich vor allem an die Herausforderungen, die ich gewuppt habe. Die Panik gleicht nur noch einem verschwommenen Nebel, jetzt, wo das Buch fertig ist. Jetzt, wo ich Texte schreibe, die in wenigen Stunden fertig sind.
Doch das ist etwas anderes. Es ist was anderes, ein paar Seiten zu schreiben, als 324.
Wie oft lag ich im Bett und war längst eingeschlafen, begleitet von Worten und sprachlichen Bildern, an denen ich tagsüber gearbeitet hatte. Im Schlaf kreierte mein Unterbewusstsein weiter, ich träumte von meinen Kapiteln, von Formulierungen und Ideen. Manchmal schreckte ich auf und fühlte nichts als Druck auf der Brust.
Wie oft machte ich dann das Licht an – und Instagram auf.
#authorlife
Was ich fand? Friede-Freude-Trallalala. Hochmotivation. Schöne Bilder. Erfolg.
Was ich brauchte? Worte, die mir zeigten, dass ich nicht allein bin mit meinen Buch schreiben Erfahrungen. Den Schreibblockaden und Existenzängsten.
Antworten auf die Fragen: mehr Routinen oder lieber weniger? Wie anfangen, wie dabeibleiben? Wie wissen, dass etwas gut genug ist?
Kurzum: Wie schreibe ich ein Buch im Selbstverlag, ohne durchzudrehen?
Mittlerweile weiß ich: machen. Immer weiter. Tag für Tag. Sich fachliche Hilfe holen (Lektorat) und diese zulassen. Lernen wollen.
Sich Zeit geben, aber auch Routinen schaffen. Ziele setzen, Struktur, einen Rahmen.
Auf sich vertrauen.
Vor allem auf sich vertrauen.
Und wissen, welche Medien und Social-Media-Accounts einem gut tun, und welche nicht.
Menschen sind unterschiedlich und gehen somit auch ganz unterschiedlich mit Herausforderungen um. Manche Autoren lassen ihre Leser an Prozessen teilhaben, posten Story um Story, sind präsent. Doch jedes Mal, wenn ich das sah, dachte ich: Warum kann ich das nicht, warum schaff ich das nicht?
Ich denke, die meisten Menschen schaffen das nicht. Und selbst wenn: Es ist egal.
Ich bin hochsensibel. Meine Emotionen gehen all-in. Immer. Und wenn ich drin bin, geht nichts anderes mehr. Ein Buch schreiben, parallel Reiseberichte für meinen Blog Ferndurst veröffentlichen, Soulflake bedienen und mehrmals die Woche gute Instagram-Posts verfassen? Für mich unmöglich.
Zum Glück geht es auch anders. Vielleicht mit weniger „Wums“, aber dafür ohne Burnout.
Ich pausierte Soulflake (bis jetzt), entschied mich gegen Social Media und machte auf Ferndurst nur noch das Nötigste. Ich widmete meine ganze Kraft dem Buch.
Das war klug. Denn irgendwann war es soweit.
Mein Buch war fertig. Fast.
Es ist Montag, der 10.12.2018, 18 Uhr.
Der Tag, an dem ich sage, dass mein Buch vorbestellt werden kann.
MEIN BUCH.
Mein Kindheitstraum.
In einer Woche sollen über 300 Seiten in den Druck gehen. Wenn ich die Kosten wenigstens zum Teil finanzieren will, musste ich endlich mit der Sprache rausrücken. Auch das bedeutet Buch schreiben im Selbstverlag. Finanzierung. Vermarktung.
„105 Gründe, Thailand zu lieben kann vorbestellt werden.“
Es klingt so einfach.
Mir wird schlecht.
Dann drücke ich auf „Posten“, kneife die Augen zusammen, als würde ich mich dadurch unsichtbar machen können. Im nächsten Moment macht es pling. Mein Handy trällert. Ich riskiere einen Blick und lese:
„… hat ihr Buch bestellt.“
Dann plingt ist es wieder. Und wieder. Ich starre auf mein Handy, mein Herz explodiert, mir wird schwindelig, als ich begreife: Das sind E-Mails mit Benachrichtigungen über Bestellungen. Mein Buch wird gekauft!!
Es passiert tatsächlich.
WHOAT?
Ich springe auf, laufe wie wild durch die Gegend, mitten im Coworking-Space, weiß nicht, wohin ich will. Ah doch. Zu Freunden, an die Bar. Sekt für alle.
SEKT FÜR ALLLEEE!
Was folgt ist ein Marathon | Buch schreiben Erfahrungen
Ein Marathon nach dem Marathon.
Nicht mehr Schreiben, dafür Organisieren, Entscheidungen treffen, Mutig sein. Auha, nicht gerade mein Steckenpferd, das Mut-Thema. Obwohl, mein Buch ist ja fast fertig. Also bin ich doch mutig, sinniere ich.
Jetzt noch finales Druck-PDF erstellen, Freigabe erteilen, E-Book vorbereiten, Kampf mit dem Perfektionismus und mit Amazon, das Bibbern, wie das „echte“ Buch letztendlich aussehen wird, ob es den Lesern gefällt, wie es sich langfristig verkauft …
Dann kommt Weihnachten – und der Testdruck ins Haus. Das Gefühl, wie es ist, das erste Mal das eigene Buch in den Händen zu halten, kann ich nicht beschreiben.
Ich nehme mir vor, nur noch Rechtschreibfehler zu ändern. Das geht ganz gut, so über Weihnachten, mit dem Rotwein vor der Nase und den Liebsten um mich herum. Kurz danach ersticke ich am stundenlangen Hin- und Hergeschiebe von Passagen, Sätzen und Worten.
Schon wieder.
Druckmaschinen on!
Irgendwann klopft die Druckerei. Es wird Zeit, sagen sie. Ich muss das Buch gehen lassen. Vertrauen haben.
Immer dieses Vertrauen.
Knapp zwei Wochen lang sitze ich Zuhause. Ich warte, organisiere den Versand und leide an Wutattacken, weil ich das Amazon-System nicht verstehe. Ich weiß, ich bin ungeduldig. Mit mir und mit allem, und doch kann ich rein gar nichts dagegen tun.
Die Tränen kullern, ich will, dass mir jemand den ganzen Kram abnimmt, vor allem die Verantwortung, und mir verspricht, dass alles gut wird. Und das tun sie natürlich. Alle. Mein Partner, meine Freunde, die Familie. Aber irgendwie, irgendwie beruhigt mich das nicht.
Ich schreibe Artikel, kümmere mich ums Marketing, um Steuern und Versicherungen. Ich versuche zu atmen. ATMEN. Und schaffe es dann schließlich, einen Post zu veröffentlichen, der wichtig ist.
25.01.2019. D-Day
Und plötzlich kommt der Tag. Einfach so. Ein LKW saust um die Ecke und spuckt eine Palette mit Büchern aus. 800 Stück, verpackt in grauen Kartons. Wie unscheinbar, denke ich. Unwirklich.
Wir schleppen die Kartons nach oben. Fünf Stockwerke. Rauf, runter, rauf, runter. Irgendwann das letzte Paket. Ich lege es behutsam auf die anderen. Dann hebe ich den Deckel, sehe Bilder. Bilder, die ich ausgewählt habe. Strände, Berge, ein Buddha. Bilder, die wir selbst geschossen haben, Orte, die ich bereits gesehen habe.
Das ist mein Buch, begreife ich. Es hat jetzt ein Zuhause. Meine Wohnung ist ein Buchladen.
Dann fange ich an zu weinen.
Was danach geschah
Zuerst brachte ich die über 150 vorbestellten Bücher zur Post und zelebrierte das Packen jedes einzelnen Umschlags mit lauter Musik, Kaffee und unglaublich viel Erleichterung im Herzen.
Dann flog ich nach Thailand und Myanmar und erholte mich fünf Wochen lang von der irren Reise an meinem Schreibtisch.
Das Beste: Mein Buch verkaufte sich. Sogar besser, als ich jemals gedacht hätte. Trotzdem gab es Tiefpunkte: Ungefähr zeitgleich veröffentlichten auch andere Blogger ihre Reise-Bücher, trommelten jeden Tag auf ihren Social Media Kanälen:
Nach zwei Tagen Bestseller auf Amazon.
Nach vier Wochen ausverkauft.
Und ich saß da, scrollte durch die Posts und fühlte mich ganz klein. Dachte, mehr Werbung machen zu müssen, mich mehr zeigen zu müssen, nicht jedes Potential ausgeschöpft zu haben.
Das kann ich nicht, stellte ich schmerzlich fest. Das will ich nicht.
Dann ließ ich los.
Mein Buch ist weder ein Amazon Nr. 1 Bestseller geworden, noch ist die erste Auflage ausverkauft. Auch verdiene ich keine tausende Euro im Monat (aber manchmal tausend!!!!).
Ich bekomme wunderbares Feedback von meinen Lesern, habe unglaublich viel über das Schreiben gelernt und kann mich mittlerweile dank des Buches als selbstständige Autorin und Bloggerin finanzieren – und mein Traum vom freien, bedürfnisorientierten Leben führen.
Für all diese „Buch schreiben Erfahrungen“ bin ich mehr als dankbar.
Ich danke all denen, die mich bei diesem schwierigen Prozess unterstützt und ausgehalten haben. Ich danke meinen Lesern. Und vor allem danke ich auch mir selbst. Dass ich durchgehalten und nicht aufgegeben habe.
Und das niemals tun werde, wenn es um meine Träume geht. So anstrengend genau das manchmal auch ist.
Das sagen meine Leser über das Buch ♥
Und für alle, die jetzt wirklich wissen wollen, was ich da zusammengeschrieben habe, mein Buch gibt es
Buch schreiben – Erfahrungen: Hilfe bei Panikattacken
In der einen oder anderen schlaflosen Nacht habe ich ein paar tolle Online-Begleiter und Self-Publisher gefunden, die mich in diesen Nächten mit ihren Worten immer wieder beruhigen konnten und mir das Gefühl vermittelt haben, dass ich nicht allein bin mit meinen Selbstzweifeln. Dass ich nicht komisch bin, sondern einfach eine sehr sensible Frau, die auf sich acht geben muss.
Das waren und sind sie:
- Tim von MyMonk. Er hat einen wundervollen Blog und einen Podcast, verpackt wichtige Themen wie Ängste in wunderbare Geschichten und erzählt ganz ehrlich, wie es ihm als introvertierte, sehr sensible Person in der Selbstständigkeit (und im Leben) ergeht. WUNDERBAR!
- Kea von Garnier, die auch gerade ein Buch schreibt und auf ihrem Blog und dem zugehörigen Instagram-Account ganz offen und ehrlich über den kreativen Prozess und ihre psychische Erkrankung und den Umgang damit schreibt. GROßARTIGST!
- Carina Hermann auf ihrem Blog „Um 180 Grad“. Die Autorin ist durch ihren Reiseblog „Pink Compass“ bekannt geworden, hat mehrere Bücher veröffentlicht und widmet sich seit Jahren der Aufgabe, Frauen den Mut zu geben, ihren eigenen Weg zu gehen. Sie selbst geht dabei sehr offen mit Ängsten, Zweifeln und ihrer Introvertiertheit um.
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Bist du auch gerade dabei, eine Herausforderung zu meistern, die dich manchmal an den Rand der Verzweiflung bringt? Oder träumst du von diesem Schritt, hast aber Angst zu versagen?
Ich freue mich total, von dir zu hören und wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst. Schreib mir gern einen Kommentar oder eine E-Mail an sina@soulflake.de.
Alles Liebe für dich, Sina
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